Wer nicht lesen will kann hier zuhören.
Zur Erinnerung, eine Störung, im Sinne von krankhaft, liegt vor, wenn:
- die Verhaltensmuster und Erlebensweisen des Betroffenen insgesamt deutlich von kulturell erwarteten und akzeptierten Vorgaben und Normen abweichen; diese Abweichungen äußern sich in der Art zu denken, zu fühlen und in der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen;
- die Abweichung so ausgeprägt ist, dass das daraus resultierende Verhalten in vielen Situationen des Alltags unangemessen, unangepasst und unflexibel ist;
- durch dieses Verhalten bei den Betroffenen selbst und/oder in ihrem sozialen Umfeld erheblicher Leidensdruck entsteht;
- das abweichende Verhaltensmuster stabil und von langer Dauer ist und in der späten Kindheit oder Jugend begonnen hat;
- eine andere schwere psychische oder organische Erkrankung nicht die Ursache des auffälligen Verhaltens ist.
Die schizoide Persönlichkeit ist eine der interessantesten aus psychologischer Sicht. Sie hat Angst, sich im Zwischenmenschlichen zu verirren: Sie befürchtet, peinlichen Begegnungen ausgesetzt zu sein. Sie befürchtet, den Erwartungen anderer nicht zu genügen. Aus Angst vor solchen ´Gefahren´ geht sie Kontakten eher aus dem Weg.
Beispiel:
- Der Schizoide öffnet beim Klingeln nicht die Tür. Seine Strategie ist, andere am liebsten von vornherein aus seinem Tagesgeschehen auszuschließen. Er ist so mit sich und seiner Innenwelt beschäftigt, dass das Klingeln an der Tür nur als physikalisches Geräuschereignis wahrgenommen wird. Er hat keinen Reflex oder Anreiz zur Kontaktaufnahme.
Entwicklungsdynamik
Schizoide Menschen sind oft sensibel. Meistens haben sie peinliche Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht. Sie nehmen Feinheiten wahr und messen diesen übergroße Bedeutung zu. Mit seiner Sensibilität hat der Schizoide häufig nur einen Sinn für die Unterschiede und nicht für die Gemeinsamkeiten.
Sein Gespür für Unterschiede verleitet den Schizoiden außerdem dazu, sich mit komplexen Problemen zu befassen. Dabei vertieft er sich in Details und Fragen, die anderen Leuten gleichgültig sind. Dann gibt es keine Basis, sich überhaupt noch zu unterhalten.
Der Rückzug des Schizoiden aus dem banalen Alltäglichen führt zu einem Mangel an Erfahrung. Er lernt nicht, wie er angemessen mit Menschen umgehen könnte. Daraus entsteht neue Unsicherheit: Die erneute Erkenntnis, dass Rückzug besser ist, – besser vor Peinlichkeit schützt.
Partnerschaft
Aktive Partnerwahl ist für den Schizoiden ein Fremdwort. Er fürchtet schon allein den Verdacht, er könne auf andere angewiesen sein. Dazu gehört auch, aus seinem Denkschema heraus, vulgäres Verlangen nach Sexualität. Aus ´sicherer´ Distanz sehnt er sich auch nach Erotik und hat entsprechende Phantasien. Allerdings braucht er jemanden, dem es gelingt, von sich aus die Brücke bauen zu können.
Die schizoide Persönlichkeit lässt in Gedanken romantische Szenerien entstehen. Sie entwickelt ausgiebig komplexe und komplizierte Phantasien bevor es überhaupt zu körperlichen Kontakten kommt. Und, die schizoide Person erwartet, dass das Gegenüber seinen einzigartigen Feingeist erkennt und wirklich versteht.
Wenn das dann endlich erreicht ist, es zum ´Äußersten´ kommen wird, kann die schizoide Persönlichkeit ins Blackout fallen und nicht mehr wissen was man alles machen wollte, könnte und sollte.
Merkmale schizoider Persönlichkeiten
- Zieht sich bei geringfügigen Störungen aus sozialen Kontakten zurück.
- Isoliert sich lieber als abgewiesen zu werden.
- Findet auf Partys nicht ins Gespräch.
- Verheimlicht, verdrängt oder verleugnet sein Interesse an anderen.
- Pflegt Hobbys bei denen andere überflüssig sind.
- Vermeidet den Ausdruck seiner Gefühle.
- Zeigt wenig Reaktion auf Kritik und Lob. Wird von anderen daher als kalt und emotionslos
- Kann sich im Umfeld schlecht durchsetzen.
- Beschäftigt sich viel mit eigener Phantasie und mit Theorien darüber, wie der Kontakt zwischen Menschen gestaltet werden sollte.
Schizoide versus Einzelgänger
Die Übergänge können fließend sein:
- Der Schizoide ist dem Rückzug unbewusst ausgesetzt. Er vermeidet Kontakte zum Umfeld. Durch Nähe erlebt er sich als fremdbestimmt, ohne Möglichkeit, sich abzugrenzen. Sein Rückzug bleibt ein unbewusster Abwehrmechanismus. Wenn er einen Menschen trifft, der ihn interessiert, ist er zwischen Angst und Sehnsucht hin und her gerissen.
- Der Einzelgänger wählt den Rückzug bewusst, weil er das Spektrum seiner Interessen besser kontrollieren kann. Er kann Banalitäten bewusst und zielgerichtet aus dem Weg gehen. Wenn er Menschen trifft, die ihn interessieren, kann er klar und offensiv entscheiden, sich enger mit ihnen einzulassen oder eben nicht.