Soziale Angststörung.
Menschen mit einer sozialen Angststörung fühlen sich im Kontakt mit anderen Menschen total verunsichert. Sie haben Angst, sich zu blamieren. Angst, negativ bewertet zu werden. Häufig flüchten sie sich in die Isolation und vereinsamen zusehends. Das hat gravierende Auswirkungen aufs Privatleben und aufs Berufsleben.
Die soziale Angststörung gehört in die Krankheitsgruppe der Phobien. Im ausgeprägten Stadium können Medikamente helfen, aber auch mit Psychotherapie lässt sich die Phobie in den Griff kriegen. Was die bessere Strategie ist, hängt wie immer von der individuellen Entwicklung und den persönlichen Umständen der Betroffenen ab.
Pille schlucken ist beliebt.
Eine Pille zu schlucken scheint häufig der schnellere Weg zu sein, die Beschwerden einzudämmen. Eine psychotherapeutische Behandlung erfordert indes mehr Zeit. Was sich langsam im Laufe von Jahren entwickelt hat, lässt sich nicht in 1 oder 2 Sitzungen beseitigen. Psychotherapie ist Arbeit, Arbeit an sich selbst. Sie bringt den Betroffenen in erster Linie einen Erkenntnisgewinn über sich selbst und die Bewertung des eigenen Lebens im Hinblick auf die Zukunft.
Auf die Zukunft, in der wir uns alle ab jetzt aufhalten. Und genau darum geht es doch, oder? Ein zufriedenes Leben leben, – ab jetzt und in Zukunft.
Die Mühe lohnt sich: Wissenschaftler um Falk Leichsenring von der Universität Gießen haben herausgefunden, dass eine psychotherapeutische Behandlung von sozialen Angststörungen nachhaltiger wirkt als die Einnahme von SSRI (SSRI = Serotoninwiederaufnahmehemmer, eine Klasse von „modernen“ Antidepressiva, die auch bei sozialer Phobie / Angststörung verordnet werden und helfen können).
„Die soziale Angststörung geht mit erheblichen psychosozialen Einschränkungen einher, die oftmals schwerwiegender sind als bei einer Depression“, sagt Falk Leichsenring. Gemeinsam mit Kollegen hat er die Ergebnisse einer großen Verbundstudie im Rahmen des „Social Phobia Psychotherapy Research Network“ (1) ausgewertet.
Psychotherapie ist nachhaltiger
Dabei kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Psychopharmaka, insbesondere SSRIs, zwar wirksam seien, die Ergebnisse der Psychotherapie aber dauerhafter sind. „Psychotherapie sollte die erste Wahl sein, nach den geltenden psychotherapeutischen Leitlinien“, so die Wissenschaftler lt. New England Journal of Medicine (2).
Der Therapeut kann die Angst auflösen
Zur psychotherapeutischen Behandlung bieten sich bei sozialer Angststörung zwei Methoden an: die kognitive Verhaltenstherapie und die psychodynamische Therapie.
In der psychodynamischen Therapie werden die Ursachen der Ängste analysiert. Dazu beschäftigen sich Therapeut und Klient mit den Situationen, in denen die Ängste aufgekommen. Dabei spielen die Beziehungen zu Personen aus der Gegenwart und der Vergangenheit eine zentrale Rolle.
Im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie lernen die Betroffenen vorrangig, aufkommende Ängste gedanklich zu kompensieren: Die Aufmerksamkeit nicht auf sich selbst, auf ihre Körperreaktionen zu richten, sondern sich nur auf das Geschehen außerhalb und unabhängig von ihrer eigenen Person zu konzentrieren.
Kognitiv oder psychodynamisch?
Welche der beiden Psychotherapien für welchen Menschen am besten passt, ist individuell verschieden. Es kommt sehr stark auf den Einzelnen an: Dem einen kommt der Zugang der kognitiven Verhaltenstherapie mehr entgegen. Er kann mit der gedanklichen Situationserkennung und Situationsbeherrschung, wie mit einem Werkzeug gut umgehen. Hingegen findet ein anderer die Aufarbeitung hilfreich, wie sich in seinem Leben die soziale Angststörung überhaupt so weit entwickeln konnte.
In der Praxis läuft es meistens auf eine Mischung der beiden Therapieformen heraus.
Heilpraktiker (Psychotherapie) rechnen privat mit dem Patienten / Klienten ab. Sie sind nicht ins Kassenabrechnungssystem eingebunden, sie machen keine Meldung an Kassen, Arbeitgeber, Versicherungen etc. und sie verfügen darüber hinaus über ein großes und zur Schulmedizin alternatives Therapierepertoire. Zudem sind bei psychotherapeutisch praktizierenden Heilpraktikern in aller Regel Termine wirklich kurzfristig zu bekommen.
Millionen Betroffene
In Europa sind mehr als zehn Millionen Menschen von einer sozialen Angststörung betroffen. Die Betroffenen leiden unter der Vorstellung, von ihren Mitmenschen negativ bewertet zu werden. Schon ein Restaurantbesuch kann für sie eine große Herausforderung sein. Die Ursachen der sozialen Phobie sind vielfältig. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Wechselspiel zwischen sozialen Faktoren, Lebensumständen in den diversen Reifungsphasen, Genetik und neurobiologische Faktoren die soziale Phobie auslösen.
Lesen Sie auch, welche anderen Störungsbilder zum Themenkreis Angst gehören.
Und hier die Links zur
(1) Großen Verbundstudie im Rahmen des „Social Phobia Psychotherapy Research Network“
(2) Psychotherapie sollte die erste Wahl sein, nach den geltenden psychotherapeutischen Leitlinien, lt. New England Journal of Medicine.