Rücksicht und Respekt

Wie im vergangenen INFO-Brief über Angst vor Ablehnung und Kritik angekündigt, geht es hier um den Umgang und die Kommunikation untereinander. Auch und gerade in Zeiten besonderer Herausforderungen sind Rücksicht und Respekt wünschenswert.

Wer nicht lesen will kann hören Audio/Podcast oder sehen VLog/YouTube.

Rücksicht und Respekt haben in unserem Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutung und doch sind sie sich ähnlich, wie Zwillinge in einer Familie. Im psychologischen und therapeutischen Zusammenhang gilt es, beides, Rücksicht und Respekt im Umgang mit anderen zu praktizieren, um harmonisch und friedvoll miteinander zu leben.

Rücksicht

… ist wohlwollendes Verhalten. In Bezug auf andere Menschen, auf Lebewesen und Pflanzen, auf Natur allgemein, – und nicht zuletzt in Bezug auf sich selbst. Es beschreibt ein Verhalten, dass die Bedürfnisse, Interessen und Gefühle anderer berücksichtigt. Wobei besondere Umstände zu besonderer Rücksicht motivieren – können.

Dort wo sich Menschen begegnen, bedeutet Rücksicht, dass einem die Bedürfnisse anderer bewusst sind, dass wir von der Durchsetzung egoistischer Ansprüche und Wünsche zurücktreten, zum Wohle der Gemeinschaft. Rücksichtsvolle Menschen haben die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Sie verstehen deren Situation. Sie können Empfindungen, Stimmungen, Gemütslagen anderer nachvollziehen.

Der Grundstock für Rücksicht, für wohlwollendes Verhalten wird überwiegend in der Kindheit angelegt. Anfangs sind es die Eltern und/oder andere Bezugspersonen, später die Kita- und die Schulgemeinschaft, die prägend sind. Ab der pubertären Phase spielt zusätzlich das psycho-soziale Umfeld eine wichtige Rolle, wie Heranwachsende mit Situationen umgehen, die Rücksicht und Wohlwollen erfordern würden.

Jeder von uns weiß, es ist eine Gradwanderung: Wir wollen nicht ausgenutzt werden, wollen unsere Bedürfnisse auch berücksichtigt wissen. Wir wollen uns auch keine Schuldgefühle machen lassen und wollen nicht fremdbestimmt oder manipuliert sein.

Kommen wir zum Respekt.

Respekt ist eine Form der Anerkennung, eine Wertschätzung und kann Bewunderung und Ehrerbietung einschließen. Man bringt einer Sache oder einer Person und ihren Taten, z. B. für eine Leistung, eine besondere Aufmerksamkeit entgegen. Dabei ist die Beziehung zwischen den Beteiligten zunächst einmal egal. Auch anders denkende Menschen, Kontrahenten und gar solche Personen, die gewiss nicht zu den Freunden zählen, kann man respektieren.

Niemand möchte respektlos behandelt werden. Insofern zeugt es von Charakterstärke jedermann und jederfrau Respekt entgegen zu bringen.

Falls wir uns doch dabei ertappen, jemandem keinen Respekt entgegen bringen zu wollen, sollten wir mal die eigene Neid- und Missgunst-Toleranz hinterfragen.

Respekt hat selbst in den verschiedenen europäischen Sprachen unterschiedliche Bedeutung im tagtäglichen Gebrauch. Im Lateinischen, wo das Wort herstammt, bedeutet es Berücksichtigung. Im Englischen bringt man damit eher Beachtung zum Ausdruck.

Im Deutschen nutzen wir es eher, wie zuvor beschrieben. Insofern gilt für uns, dass jeder Mensch respektiert werden möchte. Er möchte beachtet und anerkannt sein.

Offensichtlich evolutionsbedingt, hat jeder Mensch von Geburt an das Bedürfnis nach Wahrnehmung und Aufmerksamkeit: Babys schreien nach Nahrung. Kinder wollen beachtet werden. Jugendliche positionieren sich in der Gemeinschaft. Erwachsene streben nach Differenzierung, nach einem Anders-sein als die anderen.

Respekt und Rücksicht sind wie Zwillinge, die miteinander aufwachsen. Wie kein anderer Faktor definieren beide im menschlichen Miteinander unser gesamtes Sozialverhalten in der „Welt da draußen“ und in unseren Beziehungen im engeren Kreis.

Wenn wir Respektlosigkeit und Rücksichtslosigkeit empfinden, schmerzt es uns außerordentlich.

Hier kommt allerdings eine weitere Komponente ins Spiel: Das Empfinden, das was wir Gefühl nennen. Ein Gefühl entsteht, wenn wir einer Sache, einer Handlung, einer Angelegenheit eine Bewertung geben. Nämlich unsere eigene individuelle subjektive, zumeist sehr spontane Bewertung.

Aber Vorsicht!

Jetzt könnte man meinen, du bist doch selbst Schuld wenn du dich gekränkt fühlst. Sind doch deine Gedanken, die das auslösen. Das trifft jedoch nur dann zu, wenn die Respektlosigkeit oder Rücksichtslosigkeit unbeabsichtigt ist. Wenn es eine unbedachte Äußerung oder Handlung ist, die objektiv auch eine andere Interpretation wahrscheinlich macht.

Geschehen Äußerungen oder Handlungen mit Absicht respektlos und rücksichtslos, dann dürfen wir auch von beabsichtigter Kränkung, Herabsetzung und emotionalem Schmerz-zufügen ausgehen.

Aus therapeutischer Sicht sind die Eigenschaften Rücksicht und Respekt tief in uns verankert Es sind Anlagen, die teils genetisch bedingt, teils durch das Beziehungsumfeld in der Kinder- / Jugendzeit und je nach Alter durch Lebenserfahrung geprägt sind.

Beziehungen scheitern an Respektlosigkeit und Rücksichtslosigkeit, und damit sind nicht nur Partnerschaften gemeint, sondern besonders auch Familienzusammenhalte und Freundschaften.

Allerdings, das Gute ist:

Wie (beispielsweise) eine Fremdsprache oder Skifahren kann man rücksichtsvolles und respektvolles Miteinander lernen. Es braucht dazu nur 1. Einsicht und 2. tatsächliches Wollen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine konfliktfreie Zeit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert