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Wir sprechen von einer Persönlichkeitsstörung wenn:
- die Verhaltensmuster und Erlebensweisen des Betroffenen insgesamt deutlich von kulturell erwarteten und akzeptierten Vorgaben und Normen abweichen; diese Abweichungen äußern sich in der Art zu denken, zu fühlen und in der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen;
- die Abweichung so ausgeprägt ist, dass das daraus resultierende Verhalten in vielen Situationen des Alltags unangemessen, unangepasst und unflexibel ist;
- durch dieses Verhalten bei den Betroffenen selbst und/oder in ihrem sozialen Umfeld erheblicher Leidensdruck entsteht;
- das abweichende Verhaltensmuster stabil und von langer Dauer ist und in der späten Kindheit oder Jugend begonnen hat;
- eine andere schwere psychische oder organische Erkrankung nicht die Ursache des auffälligen Verhaltens ist.
Eine krankhaft theatralische histrionische Persönlichkeit will möglichst viel Beachtung bewirken. Während die narzisstische Person durch distanzierte Überlegenheit, autonome Souveränität oder aristokratische Gesten Beachtung fordert, sucht die histrionische Persönlichkeit unmittelbare Nähe zu Menschen, denen sie gefallen will.
Dazu zu gehören und gehört zu werden zählt für sie mehr als Selbstbestimmung. Sie lässt gerne ihren Gefühlen freien Lauf, mit dem Ziel, durch lebhaftes Verhalten bei anderen Reaktionen und Bindungsbereitschaft zu bewirken. So wie sie sich selbst von Auffälligkeiten verführen lässt, nutzt sie jedes Mittel um Wirkung zu erreichen. Dazu nimmt die histrionische Person auch gerne das Repertoire erotischer Verlockungen in Anspruch.
Entwicklungsdynamik
Der histrionische Mensch mag die Zugehörigkeit zu anderen und strebt sie auch bewusst an. Allerdings darf es nicht in Fremdbestimmung ausufern. Akzeptabel sind ihm allenfalls kurze flüchtige Fremdimpulse, die seinen Spieltrieb anregen, ohne ihn einzugrenzen.
Histrionische Personen haben häufig in der Kindheit überbordende Fremdbestimmung erlebt, die ihr eigenes Wesen unterdrückten. Heute weicht der Histrionische durch ständigen (Gemüts)Wechsel einer fixen Positionierung aus.
>>Was morgens noch galt, ist abends über den Haufen geworfen<<, sind das typische Verhalten einer krankhaft theatralischen Person.
Das schillernde Hin und Her des histrionischen Wesens ist zu Beginn einer Beziehung sehr verführerisch. Wenn das theatralische Verhalten aber auf Dauer oberflächlich bleibt, lässt das Interesse des Umfelds sehr bald nach. Kann der histrionische Mensch das nachlassende Interesse nicht verkraften, entwickelt er zuweilen dissoziative *) Symptome.
Auch fördert dann seine Phantasie Geschichten zu Tage, die Lichtjahre von der Realität entfernt sind.
In der Partnerschaft
halten Beziehungen meistens nicht lange stand. Es sei denn der Gegenpart ist eher vom Typ zwanghaft depressiv: geduldig, huldigend und Leid ertragend dem Wesen nach. Sein Lohn ist der allzeit bunte Gefühlsregenbogen der histrionischen (krankhaft theatralischen) Partnerschaft.
Merkmale histrionischer Persönlichkeiten
- Steht am liebsten im Mittelpunkt.
- Knüpft rasch neue Kontakte. Hat wenig echtes Interesse am anderen.
- Lässt sich von äußeren Eindrücken verführen.
- Kann mit sich allein nichts anfangen.
- Langweilt sich schnell.
- Hält das Umfeld durch überraschende Wendungen auf Trab.
- Lässt sich nicht festlegen.
- Spricht in Superlativen.
- Ist auf Äußerlichkeiten bedacht, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
In der Antike glaubte man, histrionisches Verhalten bei Frauen werde durch eine im Körper umherwandernde Gebärmutter verursacht. Hysterisch und histrionisch sind ähnlich klingend, bezeichnen aber ganz unterschiedliche Dinge: histrio = Schauspieler und hystera = Gebärmutter, aus dem Grichischen.
Insofern kam es zur Vermengung der beiden Begriffe. Das negativ besetzte Hysterisch verdeutlicht den Ärger, den histrionisches Verhalten langfristig auslöst.
Im nächsten Beitrag geht es um die narzisstische Persönlichkeit, die u.a. krankhaft Erfolg und Anerkennung nachjagt.
*) Dissoziative Symptome ist ein umfangreiches Thema, das hier ab Juni 2019 beschrieben wird.