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Suchterleben: Meine Arbeit, mein Ein und Alles.

Auf lange Sicht so produktiv wie ein Hamster im Rad.

Die Arbeit stapelt sich, und trotzdem gibt es das Verlangen nach noch einem Projekt: Arbeitssüchtige können nicht mehr ohne ihren Job zufrieden sein. Trotz der vielen Überstunden sind sie jedoch wenig produktiv.

Völlig überarbeitet und trotzdem bis spätabends am Schreibtisch: Arbeitssüchtigen fällt es schwer, nach Hause zu gehen. Können sie nicht produktiv sein (besser gesagt, nicht tätig sein), werden sie unruhig.

Manche Menschen arbeiten viel. Und viele andere können gar nicht mehr aufhören – sie sind süchtig. Nicht nach Alkohol, nicht nach Nikotin, nicht nach Pillen oder Drogen. Sondern nach Arbeit, nach ihrem Job.

200.000 bis 300.000 jährlich. Tendenz zunehmend.

Ähnlich wie das Burn-out-Syndrom ist Arbeitssucht nicht allgemeingültig definierbar. Psychologie-Fachleute sprechen von schätzungsweise 200.000 und 300.000 Betroffene jährlich. Allerdings nicht jeder, der exzessiv arbeitet und viele Stunden im Büro verbringt, ist süchtig. Vielmehr geht es darum, dass einen die Arbeit nicht mehr loslässt und man meint, die Welt bricht zusammen wenn man die eigene Leistung nicht erbringt. Psychologische Studien zeigen, dass Betroffene sich unwohl fühlen, wenn sie nicht schuften.

Permanent gebraucht zu werden = Anerkennung

Arbeitssüchtige benötigen das Gefühl, permanent produktiv zu sein und gebraucht zu werden. Doch wo ist die Grenze? „Wer das Telefon und den Computer ausschalten kann und einen Tag mit der Familie genießt, ohne an die Arbeit zu denken, braucht sich keine Sorgen zu machen“, so die Wissenschaftler um Prof. Ute Rademacher, Dozentin an der International School of Management (ISM) in Hamburg.

Schwierig wird es, wenn das Pensum nicht mehr zu schaffen ist oder die Erfolge und die Anerkennung ausbleiben. Viele Arbeitssüchtige sind morgens als Erste da und gehen als Letzte. Dabei sind sie allerdings nicht immer produktiv. Workaholics arbeiten häufig sehr ineffizient. „Sie können nicht delegieren und keine Prioritäten setzen und eignen sich nicht, mit anderen zusammenzuarbeiten“, stellten die Psychologen fest.

Zwischen Männern und Frauen gibt es keinen Unterschied, was die Zahl der Arbeitssucht angeht. Allerdings ist in den helfenden, den kreativen Technologieberufen sowie bei den Selbstständigen deutlich höheres Suchtverhalten auszumachen.

Arbeit als Fluchtkorridor

Arbeit ist dabei häufig eine Flucht vor anderen Konflikten im Leben. Workaholics sind nicht selten Getriebene. „Vielen fehlt die innere Erfüllung“, sagt Werner Gross, Mitbegründer des Psychologischen Forums Offenbach.

Das ist auch der Punkt, an dem Freunde und Verwandte die Sucht erkennen können. „Die Arbeitssüchtigen sind zwar physisch präsent, aber geistig abwesend. Sie folgen den Gesprächen kaum oder sind mit Mail-Lesen und -Schreiben beschäftigt oder suchen ständig irgendwas im Web“, sagt Heinz-Peter Hippler aus Erfahrung in seiner psychotherapeutischen Heilpraxis.

Psychosomatische Folgen

Die Folgen der Arbeitssucht äußern sich oft körperlich durch Kopfschmerzen, Magengeschwüre oder Schlafstörungen. Körper und Psyche geben damit ein Stoppsignal. Betroffene müssen aber nicht immer gleich in eine langwierige Therapie. Der erste Schritt ist, ein vorurteilfreies Gespräch mit einer neutralen aber psychothematisch versierten Person.

Ziel eines Gesprächs ist nicht die Abstinenz von Arbeit (anders als bei Alkoholismus beispielsweise) sondern der gesunde Umgang mit Arbeit im Kontext des Lebens (manche sagen auch Work-Life-Balance dazu). Wenn die Arbeitssucht sehr ausgeprägt ist, Familien- und Sozialleben quasi nicht mehr stattfinden, dann ist eine ambulante Psychotherapie angeraten oder sogar eine stationäre Rehabilitation notwendig.

Lassen Sie es nicht soweit kommen. Nehmen Sie die Workaholics-Zeichen wahr und vor allem nehmen Sie sie ernst.